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Im zweiten Band des Lesebuchs "Architektur und Klimawandel", das jetzt bei Edition Detail erschienen ist, gibt es 20 weitere Gespräche mit internationalen Playern aus der Architektur, der Stadt- und Landschaftsplanung, der Politik, der Forschung und der Bauwirtschaft. Die Gespräche sind von Detail Redakteur:innen geführt, unter anderem mit Dirk Hebel und Elsiabeth Endres, Sou Fujimoto und Paul Robbrecht, Hermann Kaufmann udn Maria Auböck & Janos Kárász. Hier kommt ein Ausschnitt aus dem Vorwort der Herausgeberin. 

 

Im Antrhopzän

 

Text: Sandra Hofmeister

 

Blicken wir noch einmal kurz zurück. Vor zehn Jahren hatten sich die Vereinten Nationen im Pariser Klimaabkommen hoffnungsvoll darauf geeinigt, die globale Erderwärmung auf 1,5 °C zu beschränken. Doch dieses Ziel, davon geht die Forschung aus, ist auch im Zehnjahresschnitt nicht mehr zu halten. Hinzu kommt, dass sich die politische Situation in den letzten zwei Jahren drastisch verändert hat. In Kriegszeiten hat der Klimawandel keine Priorität. An den EU-Außengrenzen nach Russland, beispielsweise in Lettland, wird die Bevölkerung für den Ernstfall vorbereitet, Panzersperren sichern die Grenze nach Russland. Weiterhin sterben täglich Menschen im Ukraine-Krieg, die Nato-Verbündeten rüsten auf, Russland ebenso. Nicht nur in Europa sind die Militärausgaben gestiegen, weltweit haben sie vergangenes Jahr einen neuen Spitzenwert von 2,7 Billionen US-Dollar erreicht. Oft fehlen schlichtweg die Mittel für den Kampf gegen die Erderwärmung, und der internationale Konsens für aktive Klimaschutzmaßnahmen löst sich mehr und mehr auf. Am 20. Januar 2025, dem Tag seiner Amtseinführung als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, kündigte Donald Trump das Pariser Abkommen. Die Regierungspolitik der USA hat sich vom Kampf gegen die globale Erderwärmung verabschiedet, ein wichtiger Partner fehlt nun.

Es gibt viele Argumente, den kommenden Herausforderungen mit Pessimismus zu begegnen. Doch es gibt auch Beispiele, die Mut machen und Hoffnung aufkommen lassen. Peu à peu setzt sich bei vielen Playern die Erkenntnis durch, dass sich der globale Bausektor als einer der erheblichen CO2- Emittenten grundsätzlich neu aufzustellen muss. Mit Dringlichkeit kommt außerdem die Frage auf, wie wir uns in Zukunft vor Hitzeperioden, Starkregen und Überschwemmungen schützen, damit unsere Städte und Dörfer lebenswert bleiben. Neben politischen Zielvorgaben und globalen Allianzen sind hier vor allem konkrete Lösungen von der Architektur und der Stadtplanung gefragt. Die 19. Architekturbiennale in Venedig 2025 hat die Anpassung an zukünftige Klimaverhältnisse erstmals auf eine internationale Bühne gestellt, die sich als Labor für Konzepte, Entwicklungen und konkrete Lösungen verstand. Es liegt in der Komplexität der Sache, dass es keine einfachen und schon gar keine globalen Rezepte gibt. Vielmehr sind es viele einzelne, teils lokale oder regionale Initiativen und Leuchtturmprojekte, die gute Wege für die Reduktion des CO2-Fußabdrucks von Gebäuden finden – auch die Künstliche Intelligenz oder robotische Prozesse können uns dabei unterstützen. Wenn wir die Erderwärmung reduzieren und unsere Lebensräume schützen wollen, dann brauchen wir sie alle, all diese Ansätze, Methoden und Hoffnungsschimmer.

 

Gesprachspartnerinnen

Die Interviews in diesem Buch sind in den letzten Jahren entstanden und zeugen von ebendieser Vielfalt an ökologischen Konzepten und innovativen Projekten in der Architektur, Stadtplanung und Landschaftsarchitektur. Das erste Kapitel versammelt internationale Stimmen zum Bauen im Bestand. Die US-amerikanische Architektin Jeanne Gang aus Chicago erläutert ihr Manifest des Pfropfens – eine Metapher aus der Botanik, die sie auf die Architektur überträgt. Paul Robbrecht wiederum von Robbrecht en Daem architecten aus Gent beschreibt seine Haltung im Umgang mit historischen Bauten, die ein wichtiger Teil unseres kulturellen Erbes und der kulturellen Identität Europas sind. Indy Johar, der Dark Matter Labs mitgründete, geht auf graue Emissionen und den Flächenverbrauch pro Kopf ein, um einen weiten Bogen zu notwendigen politischen Maßnahmen zu schlagen. Das zweite Kapitel widmet sich dem zirkulären Bauen. Der japanische Architekt Sou Fujimoto erläutert sein Projekt für die Expo 2025 in Osaka und Nora Sophie Griefahn von C2C geht auf Cradle-to-Cradle-Lösungen in der Architektur ein.

Die Ressourcen aus der Natur kommen im letzten Kapitel zu Wort. Hier zeichnet Hermann Kaufmann von HK Architekten aus Vorarlberg die Entwicklungen der Holzbauweise auf, und mit Régis Roudil aus Aix-en-Provence kommt ein experimentierfreudiger Lehmbau-Experte zu Wort. Es gibt weitere, bislang wenig beachtete klimafreundliche Materialien, die wir in Zukunft am Bau einsetzen könnten. Maria-Paz Gutierrez von der University of California Berkley hat zur Verwendung von Biomasse als Baumaterial geforscht, im Interview geht sie auf das Bauen mit Binsen ein. Neben den Naturmaterialien rückt auch die Natur selbst immer mehr in unseren Fokus: Wir brauchen sie dringend für unsere überhitzten oder von Überschwemmungen und Starkregen bedrohten Städte. Dazu zählt grundsätzlich die Biodiversität und konkreter der Schatten großer Bäume oder die Möglichkeiten der Schwammstadt. Maria Auböck und Janos Kárász berichten im Interview von ihren konkreten Erfahrungen mit urbaner Landschaftsplanung in Wien und Baku – und zeigen auf, warum die Natur in der Stadt existenziell ist.

Mehr als 20 Stimmen haben wir in diesem Buch versammelt – sie verdichten sich wieder zu einem recht heterogenen Bild der Architektur im Anthropozän. Und sie lassen erkennen, dass wir uns auf den Weg gemacht haben in neue Ära des Bauwesens, das sich der Verantwortung für den Klimawandel stellt.

Sandra Hofmeister

"Architektur und Klimawandel. 20 Interviews zur Zukunft des Bauens", vol. 2, herausgegeben von Sandra Hofmeister, 248 Seiten, Design: muskat, Edition Detail, München 2025 

 

Inhalt

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Dr. Sandra Hofmeister
Herausgeberin

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80539 München
Deutschland

Castello 609
Calle Gian Battista Tiepolo
Castello 609
30122 Venezia
Italia

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