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"Balanced Structures by Schnetzer Puskas", Tivadar Puskas and Dino Simonett (eds.), Simonett & Baer, Basel 2025

Gründerväter und jüngere Generationen: Die neue Monografie des Schweizer Ingenieurbüros Schnetzer Puskas

Text: Florian Heilmeyer

Erst einmal staunt man ja beim Lesen, wie jung die beiden Schweizer Ingenieure Heinrich Schnetzer und Tivadar Puskas noch sind, wenn doch ihr Büro schon 2023 das siebzigjährige Bestehen feiern konnte. Das klärt sich dann aber rasch, da das Buch mit einer angenehm knappen Übersicht über die Biografie dieses ungewöhnlichen Büros aufwartet: Schnetzer Puskas sind bereits die dritte Generation und mit jedem Generationenwechsel wurde auch ein Namenswechsel vollzogen. Gründungsvater war 1953 Heinz Hossdorf, laut diesem Buch ein „Ingenieur mit einem ausgeprägten Erfindungsgeist“, den er sich ein ganzes Berufsleben lang bewahrt hat. Als Zeitgenosse von Pier Luigi Nervi, Félix Candela oder Heinz Isler bewegten auch Hossdorf zuerst Schalenbauten, dann vorgespannte Elemente und schließlich die beginnenden Computersimulationen. Seine Werke, bei denen er oft und intensiv mit namhaften Architektinnen und Architekten zusammen arbeitete, reichten vom Kieswerk in Gunzgen über einen Kunststoff-Pavillon für die Expo 64 in Lausanne, die Bruder-Klaus-Kirche in St. Gallen oder das Dach des Stadttheaters in Basel.

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Freude am Neuen

1980 übergab Hossdorf ein etabliertes Büro an die zweite Generation, Kilian Weiss, René Guillod und Rudolf Gisi, die die Firma für 20 Jahre bis 2000 unter dem Namen Weiss Guillod Gisi Ingenieure leiteten. Die Freude an Neuem, der Erfindungsgeist und die enge Kollaboration mit Architekturbüros setzten sie fort: mit Martin Burckhardt entwickelten sie etliche Neubauten für Basels Zoologischen Garten, mit Michael Alder das Sportzentrum Rankhof und mit Mario Botta das Tinguely Museum, ebenfalls in Basel. Mit den meisten Architekten beginnt die Zusammenarbeit schon im Wettbewerb; im Buch sprechen die Herausgeber von einer „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, die für die Arbeiten des Büros über 70 Jahre hinweg charakteristisch bleibt.  

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Zehn ausgewählte Projekte

So ist nun seit 2000 mit den Partner Schnetzer und Puskas die dritte Generation für das Büro tätig. Auf deren Arbeit konzentriert sich das schlanke Buch: Alleine 60 Seiten nimmt die Vorstellung von zehn ausgesuchten Projekte seit 2013 ein, jedes auf vier Seiten. Das ist knapp und kurzweilig, doch vielleicht etwas zu kurz. Oft bleibt das Gefühl, das man gerne etwas mehr pro Projekt erfahren hätte. Das ist auch etwas zu kurz, wenn im Kapitel davor die Fotos der aktuellen Mitarbeitenden an den vier Standorten auf vollen 20 Seiten ausgebreitet werden – für die Mitarbeitenden ist das eine nette Geste, für die Lesenden ist der Informationsgehalt jedoch gering. Geht es letztlich nicht um die Projekte? Von den Arbeiten und der Entwurfsentwicklung beim Transitlager Dreispitz (mit Bjarke Ingels Group), dem Verlagsgebädue der TAZ in Berlin (mit E2A), der Cité du Temps in Biel (mit Shigeru Ban), dem ERZ-Werkhof in Zürich (mit Pool Architekten) oder der Spore-Initiative in Berlin (mit AFF) hätte es doch bestimmt noch mehr zu erzählen gegeben. So bleibt es bei einem raschen Überflug, der noch an Geschwindigkeit gewinnt, wenn anschließend 16 aktuell laufende Projekte mit je einem Bild gezeigt werden, im Anhang ergänzt um noch einmal 180 (!) abgeschlossene Projekte seit 2013, jedes wird ebenfalls mit nur einem Foto aufgeführt. Das ist mehr trockener Arbeitsnachweis, in dem immerhin die sagenhafte Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Projekte deutlich wird – vor allem, da diese 180 Projekte aus über 800 (!) weltweit ausgesucht wurden.

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Wenn Gäste schreiben

Ein echtes Highlight in diesem Buch sind jedoch die dreizehn Gast-Essays von Bauherren, Künstlern, Ingenieuren und Architekten im sechsten Teil. Wo oft nur freundliche Grußworte herauskommen, sind es hier substantielle inhaltliche Beiträge, die nicht nur die gemeinsame Projektarbeit beschreiben, sondern auch die sich verändernde Rollenverteilung von Architekten und Ingenieuren reflektieren und die veränderten Anforderungen ans Bauen im Allgemeinen. Hier geben sich Jeanette Kuo, Mike Schlaich, Emanuel Christ, Andreas Ruby und Roger Boltshauser die Klinke in die Hand, jeder einzelne Beitrag ist absolut lesenswert. Herausragend sind die Beiträge von Pierre de Meuron, der wie in einem Diavortrag mit kleinen Bildern die Zusammenarbeit mit den drei Generationen von Schnetzer Puskas beschreibt, und von der Ingenieurin Sarah Springman, ehemalige Rektorin an der ETH Zürich, die kurz und unterhaltsam über ihr gesamtes Leben als Ingenieurin berichtet. Diese Beiträge sind es, die aus der Büro-Monographie eine vielschichtige Lektüre machen.    

"Balanced Structures by Schnetzer Puskas", Tivadar Puskas und Dino Simonett (eds.), Leineneinband mit Prägung, 17,5 × 25 cm, 224 Seiten, Deutsche und Englische Ausgabe, Simonett & Baer, Basel 2025, ISBN 978-3-906313-62-7

 

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Dr. Sandra Hofmeister
Herausgeberin

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